Thermisches Spritzen mit keramisch hochgefüllten Polymerfilamenten

Thermisches Spritzen mit keramisch hochgefüllten Polymerfilamenten

Die klassischen Spritzzusatzwerkstoffe im Thermischen Spritzen umfassen Pulver, Drähte und Stäbe, welche kontinuierlich einem Brenner zugeführt und aufgeschmolzen werden. Prozessbedingt sind die Schmelzpartikel bei diesen Werkstoffen typischerweise auf > 20 µm limitiert. Die Palette der Spritzzusatzwerkstoffe wurde vor etwa 15 Jahren durch die Entwicklung des Suspensionsspritzens erweitert und ermöglich die Verarbeitung von ultrafeinen Pulvern bis in den 100 nm Bereich. Besonders attraktiv ist dies zum Beispiel für Reib - Gleit­anwen­dungen, bei denen die Nachbearbeitung entfallen oder deutlich reduziert werden kann. Auch die Herstellung von dünnen und deckenden Schichten im Bereich von 10 µm ist nur mit solch ultrafeinen Pulvern möglich. Nun kommt mit keramisch hochgefüllten Polymerfilamenten eine weitere Möglichkeit zur Verarbeitung von feinen und ultrafeinen Pulvern hinzu.

Limitierung bei Suspensionen

Bei der Verarbeitung von Suspensionen spielt deren Qualität eine wichtige Rolle, sie nimmt entscheidenden Einfluss auf die Schichtqualität. Insbesondere Schwermetalle, wie beispielsweise Kupfer und Silber, welche in Sonderanwendungen eingesetzt werden, sind schwer oder gar nicht dispergier- und verarbeitbar. Im Normalfall müssen Suspensionen schon nach kurzer Lagerung in einem zusätzlich Prozessschritt redispergiert werden, da mit der Zeit Agglomeration und Sedimentation eintritt. Damit kann zudem eine beschränkte Langzeitlager­fähigkeit einhergehen, da die verwendeten Suspensionsadditive altern. Dies führt zu Einbußen bei der Qualität der Beschichtungen. Ein weiterer Nachteil ist die teure Suspensionsfördertechnik.

Ein neuer Ansatz – Hochgefüllte Filamente

Als Weiterentwicklung des Suspensionsspritzen wird nun an einer Verfahrensvariante gearbeitet, bei der feine Spritzpulver nicht in einer Flüssigkeit, sondern in einem polymerbasierten Trägermedium dispergiert werden. Der pulverförmige Feststoffanteil soll dabei so hoch wie möglich sein, da das Polymer im Prozess zersetzt wird und keine weitere Funktion ausübt. Das so erzeugte Filament ist flexibel und kann wie ein Draht aufgewickelt werden, man kann also in gewisser Weise von einem keramischen Draht sprechen, da das Material eben hauptsächlich aus Keramik besteht und auf dem Substrat auch nur diese abgeschieden wird.

Die Entwicklung der Filamente erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kunststofftechnik (IKT) an der Universität Stuttgart. Ein solches Filament mit ca. 80 gew-% keramischem Pulver (links) und eine REM Aufnahme des verarbeiteten Pulvers (rechts) ist in Abb. 1 gezeigt, sowie eine REM Aufnahme des zugehörigen Filaments in Abb. 2. Die keramischen Partikel befinden sich im Größenbereich von ca. 200 nm bis 4 µm, beispielhaft sind einige Partikel (P) und Stellen an denen Partikel ausgebrochen sind (A) markiert. In der Verarbeitung hat ein drahtförmiger Spritzzusatzwerkstoff natürlich entscheidende Vorteile, da er beim thermischen Spritzen über einen relativ simplen mechanisch arbeitenden Drahtvorschub gefördert werden kann. Eine speziell angepasste Filamentzuführung transportiert das Material beispielsweise in die Brennkammer eines Brenners zum überschallschnellen Flammspritzen. Es ist aber auch der Einsatz klassischer Flammspritzpistolen denkbar, denn es können neben keramischen Pulvern auch feine metallische Werkstoffe für bestimmte Anwendungen dispergiert werden. Bei der Zersetzung des polymeren Anteils werden die fein dispergierten Partikel einzeln freigesetzt und aufgeschmolzen und bilden folglich sehr feine Schichtstrukturen aus. Dies ist auch ein weiterer Vorteil gegenüber dem Suspensionsspritzen wo sich zunächst Tropfen ausbilden, welche viele Partikel enthalten können, die nach Verdampfung des Trägermedium erst miteinander versintern und dann gemeinsam aufschmelzen.

links: Aufgespultes polymerkeramisches Filament mit etwa 80 gew-% Al2O3; Rechts: REM Aufnahme der Bruchfläche des polymerkeramischen Filaments (links). Die keramischen Partikel sind durch ihre kantige Struktur erkennbar (P). Zum Teil sind diese bei der Präparation auch aus der Matrix herausgebrochen (A).
links: Aufgespultes polymerkeramisches Filament mit etwa 80 gew-% Al2O3; Rechts: REM Aufnahme der Bruchfläche des polymerkeramischen Filaments (links). Die keramischen Partikel sind durch ihre kantige Struktur erkennbar (P). Zum Teil sind diese bei der Präparation auch aus der Matrix herausgebrochen (A).

Ergebnisse erster Untersuchungen

In den ersten Spritzversuchen am Institut für Fertigungstechnologie keramischer Bauteile (IFKB) der Universität Stuttgart wurde sowohl die radiale als auch die axiale Filamentzuführung untersucht. Hierfür wurden mehrere Filamente aus PLA, PP und PE mit einem Keramikanteil Al2O3 zwischen 60 und 80 gew-% erfolgreich verarbeitet. Aus Abb. 3 ist zu erkennen, dass die entstanden Spritzlamellen zwischen 1 und 5 µm sind, damit liegen diese in der Größenordnung der ursprünglich im Filament dispergierten Partikel. Abb. 4 zeigt Querschliffe einer radial (links) und axial (rechts) gespritzten Probe. Aufgrund der längeren Verweilzeit des Pulvers bei der axialen Zuführung wird erwartungsgemäß ein deutlich höherer Auftragswirkungsgrad erzielt als bei der radialen Zuführung, bei der das keramische Pulver nur teilweise aufgeschmolzen wird und dadurch eine stark poröse Schicht bildet. Trotzdem kann die radiale Zuführung vor allem bei der Verarbeitung von niedrigschmelzenden und oxidationsempfindlichen Materialien, z.B. Kupfer, zu dichten Schichten mit geringem Oxidgehalt führen. Im Gegensatz dazu werden durch die axiale Zuführung dichte Schichten mit Härten von bis > 1000 HV0.1 erzielt.

Elektronenmikroskopische Aufnahme der Schichtoberfläche einer filamentgespritzten Aluminiumoxidschicht. Die Spritzlamellen weisen eine Größenverteilung zwischen ca. 1 und 5 µm auf.
Elektronenmikroskopische Aufnahme der Schichtoberfläche einer filamentgespritzten Aluminiumoxidschicht. Die Spritzlamellen weisen eine Größenverteilung zwischen ca. 1 und 5 µm auf.
Lichtmikroskopische Querschliffaufnahmen filamentgespritzter Aluminiumoxidschichten. Radial zugeführtes Filament (links) und axial zugeführtes Filament (rechts).
Lichtmikroskopische Querschliffaufnahmen filamentgespritzter Aluminiumoxidschichten. Radial zugeführtes Filament (links) und axial zugeführtes Filament (rechts).

Einfluss des Trägermaterials

Das polymerbasierte Trägermaterial spielt eine entscheidende Rolle in Bezug auf die Prozessstabilität, insbesondere bei der axialen Verarbeitung des Filaments. Hier kann es wie auch schon beim Suspensionsspritzen bekannt, zu Ablagerungen an den wassergekühlten Brennkammerwänden kommen, wenn das Filament unkontrolliert oder unvollständig zersetzt wird. Als Folge können sich größere Kunststoff­agglomerate in Form von Defekten in die Schicht einlagern. Dementsprechend gilt es, das Filament auf eine gleichmäßige, schnelle und vollständige Zersetzung hin zu optimieren. Diese Optimierung wird in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Kunststofftechnik (IKT) durchgeführt. Neben der Untersuchung unterschiedlicher Kunststoffe ist die naheliegendste und effektivste Lösung die Maximierung des Füllgrads, wodurch der Störeinfluss des Trägermaterials immer weiter reduziert wird.

Weitere Arbeiten

Nachdem die grundsätzliche Machbarkeit gezeigt ist, sollen nun weitere Werkstoffe (Metalle, Cermets) als Filament aufbereitet und gespritzt werden. Außerdem muss bei einem neuen Prozess auch die Wirtschaftlichkeit in die Betrachtung mit einbezogen werden. Hier möchte man u. a. im Hinblick auf die Polymerwerkstoffe auch die Möglichkeit untersuchen, recycliertes Material einzusetzen. Ziel ist es, im Vergleich zum Suspensionsspritzprozess auf jeden Fall nicht teurer, in Zukunft vielleicht aber sogar günstiger zu werden.

Ansprechpartner

Dieses Bild zeigt Andreas Killinger

Andreas Killinger

apl. Prof. Dr. rer. nat.

Abteilungsleiter Oberflächentechnik und Schichtverbunde

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Marvin Sauter

M.Sc.

wissenschaftlicher Mitarbeiter

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